Kannst du dich auf dich selbst verlassen?

Du bist eine verlässliche Seele. Damals, als Meister Kuthumi diese Worte zu mir sprach, fühlte ich mich im ersten Augenblick anerkennend gesehen. Doch seine nachfolgenden Worte geboten dem wohligen Gefühl, welches wie kleine Schauer meinen Rücken hinuntergelaufen war, auf der Stelle Einhalt. So oft hast du dich verlassen. Na super, dachte ich mir damals. Worauf kann ich mich denn jetzt noch verlassen? Selbst meine Verlässlichkeit hat also ihre Schattenseiten.
Im Laufe der Zeit wurde mir klar, wie wesentlich es ist, nicht nur meinem Umfeld gegenüber, sondern auch mir selbst gegenüber verlässlich zu sein. Mich nicht zu verbiegen, meine eigenen Werte nicht zu untergraben, um für andere Menschen da zu sein. Meine eigenen Schritte zu gehen, trotz des intensiven Gegenwindes, der mir zu Anfang meiner inneren Reise aus meinem Umfeld entgegenkam. Vertrauen zu können, dass wir in Beziehungen vielleicht sogar schneller wachsen und miteinander reifen, wenn wir uns auch mal stehen lassen und manchmal sogar gehen lassen können, wenn die Zeit reif ist. Selbst, wenn genau Letzteres wohl zu den schwierigeren Übungen gehört, die das Leben so für uns bereithält.
Mehrmals in meinem Leben traf ich die Entscheidung, einen geliebten Menschen zurückzulassen und alleine weiterzugehen. Nicht jedesmal ausschließlich wegen des Gefühls, nicht geliebt oder geschätzt zu werden, sondern weil ich erkannte, dass wir uns gegenseitig in unserem Wachstum behindern. Und das tat erst einmal richtig weh. Heute blicke ich voller Zärtlichkeit und unendlich dankbar zurück. Bereut habe ich diese Entscheidungen nicht. Gleichzeitig habe ich angefangen, genauer hinzuschauen, mit welchen Menschen ich eine Beziehung aufbaue. Ist es eine Beziehung auf Augenhöhe? Habe ich auch ein Gegenüber? Teilen wir dieselben Werte? Spricht mein Gegenüber nur darüber, oder lebt er sie auch? Lässt er sich wirklich verbindlich auf Beziehung ein?
Dir selbst gegenüber verlässlich zu sein, bedeutet auch Standpunkt zu beziehen – konfliktfähig zu sein. Wir reifen und wachsen miteinander, wenn wir uns gleichberechtigt und wertschätzend auf Augenhöhe begegnen können. Sobald du erkennen kannst, wer du bist und welche Qualitäten du in Beziehungen mit einbringst, bewegst du dich automatisch aus dem Vergleich mit anderen. Die Konsequenz davon ist, du wirst frei davon, dich anpassen und angleichen zu wollen und kannst dein Ureigenes entwickeln. Doch du brauchst einen angemessenen Spiel- und Freiraum, um dein eigenes Sein entdecken und entwickeln zu können. Spielräume sind wesentlich, um zu entdecken, wer du wirklich bist.
Dazu musst du jedoch bereit sein, deine Vorstellungen und Konzepte von dir loszulassen und dich auf eine größere kreative Entdeckungsreise und somit auch Testphase einzulassen. In dieser Phase deiner Entwicklung geht es zunächst nicht um Vertiefung und Spezialisierung deiner Qualitäten, sondern erst einmal um die Entdeckung derselben – oder bildlich gesprochen, auch um die Entdeckung deiner Vielfarbigkeit. Deine Farben, in ihrer ganzen Intensität, zum Leuchten zu bringen, ist Schritt zwei und kommt zu einem späteren Zeitpunkt an die Reihe. 
Freiräume brauchst du, um deine eigenen Wege zu finden.
Bist du zu sehr mit deiner Aufmerksamkeit im Außen – legst du zu großen Wert darauf, was dein Umfeld denkt, fällst du aus deiner inneren Balance, kann deine Reise nach innen nicht vollzogen werden, denn Energie folgt der Aufmerksamkeit. 
Menschen, die aus sich herausgefallen sind, kreiseln in Gedanken um sich selbst oder sie kreisen mit ihren Gedanken, Ängsten und Sorgen um andere. Sie ruhen nicht in sich. Es ist ein großer und entscheidender Unterschied, ob wir uns aus der Ruhe unseres inneren Zentrums heraus bewegen oder wie ein Sputnik um uns selbst kreiseln. Ohne satte Verankerung fangen wir an zu eiern, denn es ist nicht möglich, einen klaren Standpunkt zu beziehen. Das, was sich im Außen vollzieht, wird nicht in Beziehung zum persönlichen Innenleben realisiert.
Beziehung ist jedoch nur möglich, wenn wir auch einen persönlichen Bezug zu unserer inneren Mitte herstellen können – wenn wir vermitteln können. 
Menschen, die nicht in sich verwurzelt sind, die ihr inneres Zuhause noch nicht gefunden haben, überlegen sich in Konfliktsituationen, wie sie mit den Dingen umgehen können. Im Klartext heißt das, fragst du dich, wie du am besten mit etwas umgehen kannst, willst du in Wirklichkeit den Konflikt umgehen. Und genau das ist die Stelle, wo du dich selbst verlässt. Deine Yanara

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